Newsletter der Luisenburg-Festspiele 05/2024

Vor Ostern auf der Luisenburg

Ende März rückt der höchste christliche Feiertag, das Osterfest in den Blickpunkt. Auch wenn viele dabei an Eier und Hasen denken, geht es im religiösen Sinn um Leid, Tod und Auferstehung.

Im neuen Newsletter, dem fünften in diesem Jahr, widmen wir uns direkt und indirekt der christlichen Heilsbotschaft. Mit unserer Rockoper JESUS CHRIST SUPERSTAR sind wir dem Mythos und seinen Folgen ganz nah. Aber lesen Sie selbst…

Zum Schluss verschenken wir „Ostereier“, die Sie ohne schlechtes Gewissen genießen können.

Wir wünschen ein schönes Osterfest und viel Vergnügen beim Lesen.

Die Auferstehung – JESUS CHRIST SUPERSTAR erstmals auf der Felsenbühne

Birgit Simmler, die künstlerische Theaterleiterin der Festspiele, inszeniert die legendäre Rockoper im Sommer in einer neuen deutschen Fassung. Das ist kein Zufall. Denn erstens widmet sie sich in ihrer Regiearbeit seit längerem der christlichen Religion, ihren Mythen und ihrer Rezeptionsgeschichte. Sie verlässt gerne die gängigen Klischees und rückt zum Beispiel Maria Magdalena – so 2014 auf der Freilichtbühne Hallenberg – in den Focus und erzählt über das Leben Jesu aus einer anderen Perspektive.

Dieses Interesse an der Quintessenz der abendländischen Zivilisation zeigt sich außerdem im Programm der Festspiele. Mit DIE PÄPSTIN und DER NAME DER ROSE kam 2019 und 2021 die Dramatik der Glaubens- und Religionsfragen in jeweils großer Inszenierung auf die Luisenburg.

Jetzt die Personifizierung der Gottesidee selbst, die Heilsfigur Jesus Christus. Wenn auch in einer zeitnahen, historischen Interpretation der beiden Autoren Andrew Lloyd Webber und Tim Rice. Das wirft Fragen auf.

JESUS CHRIST SUPERSTAR
© Florian Miedl

Birgit Simmler, was ist JESUS CHRIST SUPERSTAR für Sie? Eine Passionsgeschichte?

Das wäre langweilig. Für mich ist der Titel der Schlüssel zum Stück. Das Stück heißt nicht „Jesus“, oder „Judas“, oder „Die Passion“, sondern JESUS CHRIST SUPERSTAR.

Was meinen Sie damit?

Das Stück startet an einem Kipp-Punkt im Leben von Jesus. Er ist so besonders, dass er von seinen Anhängerinnen und Anhängern zum Messias ausgerufen wird, zum Superstar. Damit sind im jüdischen Glauben ziemlich hohe Erwartungen verbunden. Der Messias ist der von Gott eingesetzte König der Juden, der alle Juden zusammenführt, sie von Fremdherrschaft befreit, und eine Herrschaft der Gerechtigkeit installiert.

Was bedeutet das für den Jesus im Stück?

Jesus wird zum Superstar und damit zur Projektionsfläche enormer Erwartungen im Volk. Gleichzeitig wird er zur Gefahr für die Herrschenden. Seine Ausrufung zum Messias brüskiert den jüdischen Hohen Rat und die Römer, die Judäa okkupiert haben, und die ein Messias aus dem Land jagen muss.

Wie verhält sich Jesus dazu, dass er als Messias zum Superstar aufsteigt?

Es ist faszinierend: Jesus sagt weder, dass er der Messias ist, noch, dass er es nicht ist. Das Stück entscheidet diese Frage nicht. Es beschäftigt sich mit den Auswirkungen von Ruhm und Bekanntheit auf die Menschen und die menschlichen Handlungsweisen im Kontext weltanschaulicher Fragen, die in die große Politik hineinspielen.

Jesus von Nazareth als Revoluzzer, als politischer Mensch?

Unsere Überzeugungen, also unser Glauben, fließen ja in unsere Handlungen, wie wir die Welt gestalten. Auch dahingehend, welche Herrschaftsform wir akzeptieren und gegen welche wir uns auflehnen. Unsere Demokratie hat sicher auch mit dem Wurzeln im Christentum und im Neuen Testament zu tun.

Jesus selbst ist nicht politisch. Er ist zutiefst menschlich. Diese immense Liebe zu seinen Mitmenschen wird von außen politisiert. Judas, der große Gegenspieler, erwartet von Jesus, dass er den Armen einen besseren Status verleiht und eine gerechtere Ordnung erschafft.

Für mich ist JESUS CHRIST SUPERSTAR ein Zeugnis dessen, wie besondere Gestalten den Lauf der Geschichte prägen und welche Belastung ihnen dies auferlegt. Und damit sehr aktuell in einer Zeit, wo der Konsens der Gesellschaft dazu, wie wir leben wollen, stark auseinanderstrebt.

JESUS CHRIST SUPERSTAR
© Florian Miedl

Vom Lehrling zum Meister – Gunnar Frietsch ist Jesus von Nazareth

Sein Werdegang ist exemplarisch für das neue Theater, dass sich nicht in Sparten und Genres sperren lässt. Ob Gunnar Frietsch spricht, singt, tanzt – seine Darstellung lotet die gesamte Tiefe der Figuren aus, die er spielt.

Das ist hohe Kunst, die er auf verschiedenen Bühnen von der Pike auf gelernt hat und die er jetzt auf der Luisenburg in einer Figur zeigen wird, die wie keine zweite zur Projektionsfläche menschlicher Hoffnungen und Sehnsüchte geworden ist.

In JESUS CHRIST SUPERSTAR ist er Jesus von Nazareth, der Mensch und Messias. Nach seinem Debüt im Ensemble von ZUCKER spielte er an der Seite von Livio Cecini in DER NAME DER ROSE die Hauptrolle des jungen Adson. Das hat Eindruck gemacht beim Publikum und bei ihm, weshalb er in dieser Spielzeit den nächsten konsequenten Schritt geht und einen Menschen spielt, der so überhöht wie zerrissen ist, so ruhend wie verunsichert, so manipulierbar wie authentisch.

Gunnar Frietsch, Du hast einen ungewöhnlichen Weg vom Schauspiel über die Oper zum erfolgreichen Musicaldarsteller hinter Dir. Wo fühlst Du Dich zu Hause, im Schauspiel, in der Oper oder im Musical?

In allem. In der Arbeit allerdings bin ich immer zuerst Schauspieler, das ist wirklich mein Kern. In der Oper sieht das natürlich etwas anders aus, da steht die Stimmgebung schon sehr im Vordergrund. Dennoch darf der Gesang auch da nie Selbstzweck sein, sondern im besten Fall Ausdruck des Innenlebens der Figur. Nach dem Motto: Ich singe, weil sprechen nicht mehr ausreicht. Und das gilt für mich im Musical noch viel mehr. Grundsätzlich geht es mir immer um Wahrhaftigkeit. Wenn das im Musiktheater gelingt, ist das wirklich fantastisch. Da öffnen sich andere Welten.

Im deutschsprachigen Raum sind Schauspiel und Musical unvereinbar, denn das eine gilt als Kunst und das andere „nur“ als Unterhaltung. Deine Karriere widerspricht diesem Klischee. Was bist Du, Künstler oder Unterhalter?

Genau das ist es: ein Klischee. Grundsätzlich bin ich für jedes Genre, es muss nur gut gemacht sein. Gute Kunst ist immer auch unterhaltend. Aber eben nicht nur. Wahrhaftigkeit und Tiefe gibt es auch in den vermeintlich seichteren Stücken, ob Musical oder Boulevard-Komödie. Die Regie – und auch das Ensemble – muss nur Interesse daran haben, das auf der Bühne auch stattfinden zu lassen. Das widerspricht mitnichten dem Unterhaltungsgedanken! Beides geht gleichermaßen in ein und derselben Inszenierung. Die Frage ist lediglich, interessiert mich Wahrhaftigkeit oder nicht. Sprich: Was liegt drunter? Ich würde mir wünschen, dass auf diesen Aspekt im sogenannten Unterhaltungstheater mehr Wert gelegt wird und auch die nachwachsenden Theaterschaffenden eine Sehnsucht nach dem Kern der Sache entwickeln. Hugh O’Gorman, ein wunderbarer Schauspielcoach, hat einmal zu uns gesagt: „Some people go on stage to give a performance, some go on stage to make an experience.“ Dann wird es interessant! Das Ego darf nicht mitspielen.

Gunnar Frietsch bei einer JESUS CHRIST SUPERSTAR Probe im Dezember 2023

Kann man einen Karriereweg planen oder ist Dir das passiert?

Planbar ist in diesem Beruf gar nichts. Dinge ergeben sich, der sogenannte Glücksfaktor spielt eine große Rolle. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort den richtigen Menschen begegnen. Menschen, die dein Potential erkennen, an dich glauben, und dir auch noch die Chance geben, dein Können unter Beweis zu stellen. Und deine Entwicklung mit begleiten. Solche Menschen sind unfassbar wichtig. Birgit Simmler ist so ein Mensch für mich. Natürlich sollte man dafür auch an einem Punkt der künstlerischen Entwicklung sein, der einen dazu befähigt, die Chance, die sich auftut auch erfolgreich nutzen zu können. Die Kunst ist nicht, engagiert zu werden, sondern wieder engagiert zu werden.

Du warst 2021 auf der Luisenburg in DER NAME DER ROSE der junge Adson, der Lehrling des Meisters. Jetzt spielst Du den Messias, den Heiland als Mensch. Was ist diese Rolle und was ist sie Dir?

Diese Rolle ist erst einmal eines: ikonisch. Abgesehen von der biblischen Figur Jesus, ist Jesus Christ Superstar eine der monumentalen Partien des Genres Musical. Jeder kennt die Verfilmung mit Ted Neeley. Für viele ist er der Jesus schlechthin. Mein absoluter Favorit ist allerdings Steve Balsamo. Ein unfassbarer Sänger. Gesanglich ist die Rolle wahnsinnig anspruchsvoll, auf die ikonischen „Screams“ im Rock-Falsett wartet jeder. Die Erwartungen, die an diese Partie geknüpft werden, sind also sehr hoch. Dazu kommt noch mein eigener Anspruch, der Partie absolut gerecht werden zu wollen. Vor allem wenn man von Haus aus eigentlich klassischer Bariton ist wie ich, und kein Rock-Tenor. Allerdings hab ich schon vor vielen Jahren bemerkt, dass meine Stimme das Potential besitzt, diese Partie singen zu können. Seitdem hatte ich die Rolle des Jesus immer im Hinterkopf. Dass es jetzt tatsächlich dazu kommt, dass ich diese Rolle singen werde, und dann auch noch auf so einer Bühne, ist ein wirkliches Geschenk.

Die Felsenbühne ist Dir vertraut. Unter uns: Was sind die Herausforderungen für einen Darsteller und was macht sie so attraktiv für Künstler?

Die Herausforderungen sind gleichzeitig das, was diese Bühne attraktiv macht: Die Natur. Wir sind eben Wind und Wetter ausgeliefert. Und manchmal auch Schwärmen von fliegenden Ameisen, die jeden Sommer an zwei Tagen über die Bühne wandern. Und regnet es zu stark, ist wirklich Vorsicht geboten. Wenn es in einer Szene beispielsweise eine Verfolgungsjagd über die Felsen geben soll, muss man höllisch aufpassen. Sollten unsere Mikroports zu nass werden, kann es auch zu Ausfällen kommen. In einer Vorstellung von DER NAME DER ROSE hat es in meinem großen verzweifelten Liebeslied geschüttet wie aus Eimern. Ich habe es geliebt, weil es die Situation zusätzlich verstärkt hat. Und währenddessen gehofft, dass die Abendspielleitung nicht wegen Gewitterwarnung abbricht. Es wurde dann tatsächlich für zwanzig Minuten unterbrochen – Gott sei Dank aber nach meinem Lied. Das Spiel mitten in der Natur bringt eine unheimlich schöne Atmosphäre mit sich – ob mit oder ohne Regen. Ein fantastischer Spielort.

Gunnar Frietsch als Adson von Melk
DER NAME DER ROSE 2021, © Florian Miedl

LUISENBURG TV zum Osterfest

Zum kommenden Osterfest wollen wir Ihnen ein hübsches “Osterei“ schenken. Sie können sich drei unserer Erfolgsproduktionen der letzten Spielzeit erneut oder zum ersten Mal ansehen. Wir streamen

DIE SCHÖNE UND DAS BIEST,

BRANDNER KASPAR 2 – ER KEHRT ZURÜCK

und

FRANKENSTEIN

für Sie. Die Aufzeichnungen der Theatervorstellungen werden Ostern

von Samstag, den 30. März bis Montag, den 1. April 2024  

kostenfrei zu sehen sein.

Die Produktionen waren im letzten Sommer Publikumserfolge auf der Felsenbühne. In der Komödie BRANDNER KASPAR 2 erleben Sie das Traumduo Eisi Gulp und Wolfgang Maria Bauer in Bestform. Das ist zum Schreien komisch und hat die ewig gültige Geschichte vom Brandner Kaspar und dem Tod fortgesetzt, beziehungsweise für unsere Zeit neu erzählt.

Erinnern Sie sich an das Familienschauspiel DIE SCHÖNE UND DAS BIEST? Das Stück wurde extra für die Felsenbühne von Susanne Felicitas Wolf neu geschrieben und war so poetisch wie komisch. Ein spielfreudiges Ensemble hat das Märchen so witzig und anrührend erzählt, dass Jung und Alt begeistert waren.

FRANKENSTEIN, das preisgekrönte Musikdrama, gehört zu den Glanzlichtern der großen, spektakulären Luisenburger Produktionen. Schauspielleistung, Musik, Dramaturgie, Bühne, Ausstattung, Ensemble – alles kommt in dieser Uraufführung zusammen und erschafft ein Erlebnis, wie es das Publikum auf der gigantischen Felsenbühne erwartet.

Wir senden die Aufzeichnungen an den genannten Tagen auf dem YouTube Kanal der Festspiele. Also: Nicht verpassen und ein heiteres, vergnügliches Osterfest mit den Luisenburg-Festspielen erleben!

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30. März – 01. April 2024: LUISENBURG TV
Sehen Sie DER BRANDNER KASPAR 2, FRANKENSTEIN und DIE SCHÖNE UND DAS BIEST kostenfrei auf unserem YouTube Kanal.

29. April – 01. Mai 2024: oberFRINGE
Die Deutsche Musical Akademie (DMA) hat in Kooperation mit den Luisenburg-Festspielen Wunsiedel die erste deutsche Musical-Messe ins Leben gerufen. Als weitere Kooperationspartner konnten das Theater Hof, die Universität Bayreuth und das BLSV Sportcamp Nordbayern in Bischofsgrün gewonnen werden.
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