Der Beginn einer neuen Phase
Im Frühjahr fand in Bayern die erste deutsche Musicalmesse „oberFRINGE“ statt. Es war eine Leistungsschau, ein Treffen Gleichgesinnter und ein Durchbruch, der die Crème de la Crème der Musicalszene aus Deutschland und den angrenzenden Ländern erstmals in Oberfranken zu einem Stelldichein versammelte.
Der kreative und innovative Teil der Musiktheaterszene aus Komponistinnen und Komponisten, aus Autorinnen und Autoren, traf im produktiven Austausch auf Produzierende und Verantwortliche der Theaterinstitutionen. Gemeinsam bildeten sie ein Netzwerk, das sich zurecht als Kraftwerk des Neuen Deutschen Musicals versteht.
Konkrete Schritte zum Erfolg
Im Zentrum der dreitägigen Messe stand die Werkschau. Das Neue Deutsche Musical wurde in unterschiedlichsten Entwicklungsstufen – von der Idee über einen ersten Entwurf bis hin zu vollständigen Fassungen in verschiedenen Reifegraden – gesichtet, in Feedbackrunden bewertet und in nächste Entwicklungs-schritte überführt. Das machte es für Partner interessant, die sich der Werke annehmen konnten.
Ein zentrales Anliegen war die Vernetzung der Kreativen und der Häuser, jeweils unter- als auch miteinander, mit dem Ziel, die Grundlagen für viel mehr hervorragendes Neues Deutsches Musical zu schaffen.
„Ganz konkret sind etliche Werke, die vorgestellt wurden, von Häusern und Produzierenden in Patenschaften übernommen worden“ sagt Birgit Simmler, die als erste Vorsitzende der DEUTSCHEN MUSICAL AKADEMIE maßgeblich an der Etablierung dieses Branchentreffens beteiligt war. „Das betrifft sowohl die Weiterentwicklung als auch die Übernahme in die Spielpläne.“
Birgit Simmler, die sich seit Jahren als künstlerische Theaterleiterin der Luisenburg-Festspiele sowie als Autorin und Produzentin moderner Musicals für hochwertige Musiktheaterwerke einsetzt, sagt über die Messe: „Wenn es eines Beweises bedurfte, dass das Neue Deutsche Musical kreativ, lebendig, professionell und vielseitig ist, wurde er in Oberfranken erbracht. Das Musical kann die unterschiedlichsten Interessen an allen Standorten in Deutschland bedienen.“
Alte Zöpfe abschneiden
Auf der Musicalmesse gaben die über 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre eigene Antwort auf ein deutsches Theatersystem, das die Innovationen und Qualitäten des Neuen Deutschen Musicals größtenteils ignoriert: Es gibt zukünftig einen neuen Standard nach internationalem Vorbild für die Entwicklung neuer Werke. Dazu gehört die Etablierung kooperativer Modelle und Verwertungsketten von verschiedenen Partnern, die gemeinsam die Werke zum Publikumserfolg bringen.
„Ein wichtiger Schritt ist die gelungene Zusammenarbeit der öffentlich und der privat finanzierten Häuser“, resümiert Birgit Simmler die Tage in Bayreuth, Hof und Wunsiedel. „Hier ist ein wichtiger Schritt getan worden bei der Zweitverwertung und bei der Koproduktion von Musicals.“
Die Trennung zwischen Musical und Hochkultur, dieses eingeschliffene Schubladen- und Genredenken, spielte keine Rolle. Der Qualitätsnachweis innerhalb der Theaterszene und die enorme Publikumsnachfrage nach gutem Musiktheater macht die Trennung zwischen Theaterkunst und Musical grotesk. Das führt zu einer spürbaren und folgenreichen Öffnung und zu neuen, vielversprechenden Kontakten.
Der Austausch gelang auch bei Fragen der Finanzierung und über neue Produktionsmethoden, die beide Welten – die Wirtschaft und die Kultur – mit-einander verbinden. „Das Neue Deutsche Musical kann sowohl anspruchsvoll als auch beim Publikum erfolgreich sein“, konstatiert Birgit Simmler. “Beide Seiten gehören zur Produktion neuer Werke. Das Mitdenken, welcher künstlerische Inhalt mit welchen finanziellen Mitteln optimal produziert, verwertet und möglichst nachhaltig gespielt werden kann, dient allen Seiten, den Kreativen wie den Produzierenden.“
Die Folgen von „oberFRINGE“ werden die Theaterlandschaft inspirieren und der Erwartung des neugierigen und offenen Publikums entgegenkommen. Man darf gespannt darauf sein, wie dieses Treffen auf die Theaterszene wirkt und wie es mit dem Neuen Deutschen Musical weitergeht.